Liebes feddit,

vielleicht kann hier jemand helfen oder hat eine gute Idee. Auf reddit wurde mein Post von den Mods nicht freigegeben, mit fragwürdiger Begründung - ich hoffe daher auf euch. Es ist ein etwas längerer Text, aber leider ist die Situation relativ komplex und ich will alles ausführlich darstellen.

TL;DR: Ausländeramt versucht Flüchtling mit zwielichtigen Mitteln abzuschieben bevor eine Klage gegen Ablehnung des Chancen-Aufenthaltsrechts durchkommen kann.

Wir unterstützen seit mittlerweile ca. 7 Jahren einen Flüchtling aus Guinea-Bissau. Ich möchte das hier anonym halten (deswegen auch dieser Throwaway-Account) und nenne ihn Amin. Amin kam vor etwa 8 Jahren, gerade so volljährig, ohne Papiere nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl, der abgelehnt wurde. Mangels Passpapieren konnte er jedoch nicht abgeschoben werden, weshalb er sich seitdem geduldet in Deutschland aufhält. Er erhält minimale finanzielle Unterstützung vom Staat und darf nicht arbeiten (obwohl er das gerne würde). Er hat mittlerweile Deutsch gelernt und sich nie etwas zu schulden kommen lassen (abgesehen von Versäumnis zweier Termine bei der Ausländerbehörde, weil er davor Angst hatte, was angesichts der Behandlung dort verständlich ist - wir haben das Gefühl, dass sie ihn deshalb auf dem Kieker haben). Um Passpapiere aus Guinea-Bissau hat Amin sich bemüht, jedoch ist da aus Deutschland nicht viel zu machen. Es wurde versucht, die Botschaft zu erreichen, Anwälte in Guinea-Bissau kontaktiert und sogar das senegalesische Konsulat angefragt, das jedoch ablehnte, sich überhaupt um den Fall zu kümmern (Amin hatte zuletzt im Senegal gelebt). Das Verfahren, das zwischenzeitlich gegen ihn eröffnet worden war, weil er keinen Pass besaß, ist angesichts der aussichtslosen Bemühungen eingestellt worden. Selbst wenn Amin also hätte zurück reisen wollen, hätte kein Land ihn aufgenommmen, also saß er hier fest, ohne Arbeitserlaubnis und ohne Geld, mittlerweile seit 8 Jahren. Inzwischen spricht er gut Deutsch, hat sich hier eingelebt und möchte hier bleiben und arbeiten und sein eigenes Geld verdienen.

Vor einiger Zeit beantragte Amin deswegen beim Ausländeramt ein Aufenthaltsrecht auf Basis von § 104c AufenthG („Chancen-Aufenthaltsrecht“). Er erfüllt alle nötigen Voraussetzungen, jedoch wirft das Ausländeramt ihm vor, falsche Angaben zu seiner Identität/Herkunft gemacht zu haben (was ein Ausschlussgrund ist). Dieser Vorwurf basiert auf einer Durchsuchung seines Handys, bei der nur Anrufe in den Senegal, nicht jedoch nach Guinea-Bissau, sowie ein Facebookprofil mit einem ähnlichen, aber nicht zu seinen Angaben identischen Namen vorgefunden wurden. Amin sagt, dass er nach dem Tod seiner Eltern im Senegal bei Familienangehörigen aufgewachsen ist und deswegen vor allem Kontakte im Senegal hat. Dass man bei Facebook nicht verpflichtet ist, seinen Klarnamen anzugeben, und das überhaupt gar nichts beweist, dürfte auf der Hand liegen. Wir haben gemeinsam mit einer Anwältin daher Klage gegen die Ablehnung eingereicht.

Nun kommt der Plottwist: Offenbar um einer möglicherweise erfolgreichen Klage durch eine Abschiebung zuvorzukommen, hat das Ausländeramt nun für Ende April eine Zwangsanhörung für Amin angeordnet, und zwar vor Vertretern des senegalesischen Konsulats im „Bayerischen Landesamt für Asyl und Rückführungen“ (wir leben nicht in Bayern und es gibt ein deutlich näher gelegenes senegalesisches Konsulat als das in München), die laut Schreiben dazu dienen soll, ihm ein Passersatzdokument auszustellen. Er soll also offenbar zum Senegalesen erklärt und daraufhin umgehend abgeschoben werden. Das scheint eine recht gängige Praxis in Deutschland zu sein, siehe diesen Artikel.

Hat vielleicht jemand eine Idee, wie man hier am besten vorgehen sollte? Sollte Amin den Termin wahrnehmen, oder besteht die Gefahr, dass ihm ein senegalesischer Pass in die Hand gedrückt und er umgehend in ein Flugzeug in den Senegal gesetzt wird? Welche Möglichkeiten hat Amin?

  • Aurix@lemmy.world
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    7 months ago

    Wenn mit solchen Mitteln gearbeitet wird, um einer normalen juristischen Aufarbeitung entgegenzuwirken, könnte der Geflüchtete ein Kirchenasyl suchen und dieses dazu nutzen ein ordentliches Verfahren zu bekommen.

    • aminwillbleiben@lemmy.worldOP
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      7 months ago

      Das hatten wir als letzte Option auch überlegt. Leider bleibt auch dann die Frage, ob er zum Termin erscheinen sollte oder nicht. Würde er direkt von der Anhörung zum Flugzeug gebracht, was angesichts der Stories, die man so hört, ja wohl nicht auszuschließen ist, wäre es dafür ja wahrscheinlich zu spät.

      • Aurix@lemmy.world
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        7 months ago

        Den Termin wahrzunehmen scheint wohl nicht so schlau zu sein, aber ich weiß nicht sehr viel über diese diplomatische Hinterzimmer-Praktik. Das wäre ja die Idee hinter dem Kirchenasyl, sich dort zu verstecken um den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten, was wiederum ganz im Sinne des Kirchenasyls sein sollte.